fbpx

Spaziergang durch die Stadtmitte – Teil 2

Der südlich der Aleje Jerozolimskie gelegene Teil der Śródmieście wird Sie mit seiner Vielfalt begeistern. Hier finden Sie prächtige Beispiele der Architektur, die während des Warschauer Aufstands nicht zerstört wurde, beliebte Parks, das im Stil des sozialistischen Realismus gehaltene Marszałkowska-Wohnviertel, zahlreiche Museen und den Plac Zbawiciela, der viele Partygänger anzieht. Wenn Sie dachten, dass die Geschichte der Hauptstadt in der Altstadt beginnt, haben Sie sich getäuscht. Besuchen Sie daher den Ort, an dem die Ortschaft Jazdów stand und viel älter als Warschau ist. Diese Exkursion ist wirklich faszinierend, also lassen Sie sich nicht zweimal bitten.

Aleje Jerozolimskie und Umgebung

Muzeum Narodowe, fot. Joanna Wiśniewska

Im ersten Teil des Rundgangs durch das Stadtzentrum haben Sie das Gebiet nördlich der Aleje Jerozolimskie kennengelernt. Nun laden wir Sie auf die Südseite dieser Verkehrsader ein. Also folgen Sie ihr bis zur Poniatowski-Brücke, wo sich das Nationalmuseum befindet. Es ist in einem monumentalen Gebäude aus den 1930er Jahren untergebracht. Das Museum besitzt eine wunderbare Sammlung von Gemälden, Skulpturen und Kunsthandwerk polnischer und ausländischer Künstlern. Es beherbergt Europas größte Sammlung nubischer Kunst aus dem 8. bis 14. Jh., darunter eine einzigartige Sammlung von Wandmalereien.

Nowy Świat, fot. Łukasz Kopeć

Nach dem Besuch des Museums kehren Sie zum De-Gaulle-Kreisel zurück, wo eine Statue dieses berühmten französischen Generals vor dem ehemaligen Sitz des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei steht. Das große Gebäude des Hauses der Partei wurde nach dem Wandel vom kommunistischen zum kapitalistischen System zum Sitz der wichtigsten wirtschaftlichen Institution des neuen Ära – der Börse. Heute beherbergt er schicke Restaurants. Wenn Sie also Lust auf eine Pause im Warschauer Stil haben, sollten Sie hier vorbeischauen.

Plac Trzech Krzyży, fot. m.st. Warszawa

Nach einer kurzen Pause geht es dann durch die Nowy Świat in Richtung Plac Trzech Krzyży. Der Name stammt von den Kreuzen, Relikte des sog. Kalvarienweges, der im 18. Jh. von König Augustus II. angelegt wurde. Er verlief entlang der heutigen Aleje Ujazdowskie bis in die Nähe von Schloss Ujazdów. Zwei vergoldete Kreuze stehen im südlichen Teil des Platzes, das dritte wird von dem Hl. Johann von Nepomuk gehalten und befindet sich zwischen diesen beiden. Werfen Sie einen Blick auf die Kirche des Heiligen Alexander, die den Mittelpunkt des Platzes bildet.
Errichtet wurde sie in den 1820er Jahren nach einem Entwurf von Christian Peter Aigner und weist viele Ähnlichkeiten mit dem römischen Pantheon auf. Der Tempel wurde 1944 gesprengt und nach dem Krieg aufwendig wieder hergerichtet.

Gehen Sie auch zu der Stelle, wo der Plac Trzech Krzyży in die ul. Bracka mündet. Hier steht das Mietshaus „Pod Gryfami“ (Zum Greif) aus dem 19. Jh., auch bekannt als das Mietshaus Fuchs. Vor dem Krieg galt es als eines der schönsten Neorenaissancegebäude in Warschau.

Marszałkowska-Wohnviertel und Umgebung

Plac Konstytucji, fot. Łukasz Kopeć

Gehen Sie dann in Richtung Süden die Mokotowska-Straße entlang, die für ihre schicken Geschäfte und guten Restaurants bekannt ist. Dann weiter in die ul. Koszykowa. So erreichen Sie das Marszałkowska-Wohnviertel, kurz MDM (Marszałkowska Dzielnica Mieszkaniowa). Hier stehen wir in einem vollkommen anderen Teil von Śródmieście, der zwischen 1950 und 1952 im Stil des sozialistischen Realismus errichtet wurde. Die monumentalen Wohnhäuser, Skulpturen von Arbeiterführern und Kandelaber oder riesigen Laternen sind kaum zu übersehen. Die ursprünglichen Pläne sahen den Bau von Häusern mit Platz für 45.000 Einwohner vor, doch aufgrund fehlender Finanzmittel wurde nur ein Teil des Projekts umgesetzt.

Muzeum Życia w PRL, fot. Filip Kwiatkowski

Wenn Sie abends auf dem Platz sind, halten Sie Ausschau nach einem der klassischen Warschauer Neonschilder aus den 1960er Jahren – einer „Volleyballpsielerin“.

Das Wohnviertel daher ist der ideale Standort für das Museum des Lebens in der Volksrepublik, das sich in der ul. Piękna befindet. Die hier präsentierten Exponate wecken die Erinnerung an Zeiten des Mangels in den Geschäften, an Milizionäre auf den Straßen und an längst vergessene Gegenstände des täglichen Gebrauchs.

Hala Koszyki, fot. Filip Kwiatkowski

Was gibt es sonst noch Interessantes hier in dieser Gegend zu sehen? Zum Beispiel die Hala Koszyki, eine von mehreren Warschauer Markthallen, die um die Wende zum 20. Jh. gebaut wurden. Das Gebäude wurde während des Warschauer Aufstands zerstört und erlangte nach dem Krieg trotz des Wiederaufbaus nie wieder seinen alten Glanz. Erst im 21. Jh. wurde die Hala Koszyki durch ihre Wiederbelebung zu einem der wichtigsten gastronomischen Hotspots Warschaus, wo man Gerichte aus aller Welt verköstigen kann.

Gmach Główny Politechniki Warszawskiej, fot. Filip Kwiatkowski

Zu erwähnen wäre noch ein sehr interessantes architektonisches Bauwerk, das Hauptgebäude der Technischen Universität Warschau am Plac Politechniki. Es wurde im Jahr 1900 gebaut und zwei Jahre später eingeweiht. Berichten zufolge haben seine Autoren innerhalb von drei Wochen sechs Länder besucht, um sich für ihren Entwurf inspirieren zu lassen. Heute scheint das zwar keine große Reiseleistung zu sein, aber um die Jahrhundertwende muss es eine geradezu verrückte Expedition gewesen sein. Wenn Sie das Innere des Gebäudes betreten, werden Sie feststellen, dass Sie sich in einer Welt befinden, die direkt aus Hogwarts zu stammen scheint: geheimnisvolle Treppen und Balkone über und über. Auch das Glasmosaikdach, das die Aula überspannt, wird Sie in Erstaunen versetzen.

Plac Zbawiciela, fot. Warszawska Organizacja Turystyczna

Die ul. Nowowiejska östlich des Plac Politechniki führt zum berühmten Plac Zbawiciela. Dieser Ort mit seinen vielen Pubs und Clubs ist bei den jungen Warschauern sehr beliebt geworden. Der „Zbawix“ oder „Hipster Square“ – wie er manchmal genannt wird – ist der perfekte Ort zum Feiern. Das Viertel beherbergt auch mehrere Kultureinrichtungen, darunter zwei Theater: das Contemporary und das TR (das ehemalige Varieté-Theater) sowie den Comedy Club, in dem Stand-up-Shows stattfinden. Nehmen Sie sich ein wenig Zeit, um sich auf dem Platz zu entspannen, um jedoch die Atmosphäre vor Ort in vollen Zügen zu genießen, sollten Sie vorzugsweise am Abend hierher kommen.

Jazdów, Ujazdów…

Jazdów, fot. Łukasz Kopeć

Vom Plac Zbawiciela aus gehen Sie die Aleja Wyzwolenia entlang bis zum Plac Na Rozdrożu. Hier können Sie den grünen, parkähnlichen Teil von Śródmieście erkunden. Spazieren Sie zunächst durch den Ujazdowski-Park und besichtigen Sie dann im hinteren Teil des Parks die beeindruckende Siedlung Jazdów. Hier wurden unmittelbar nach dem Krieg 90 kleine finnische Holzhäuschen aus vorgefertigten Bauteilen aufgestellt. Viele dieser Häuschen kamen aus der Sowjetunion nach Warschau, die sie ihrerseits von Finnland als Kriegsreparationen erhalten hatte. In den Häusern, die 1955 abgerissen werden sollten, wohnten Angestellte des Amtes für den Wiederaufbau der Hauptstadt. Einige von ihnen stehen heute noch, einige sind noch bewohnt und einige beherbergen verschiedene kulturelle und soziale Organisationen, die jedes Jahr zahlreiche Veranstaltungen und Treffen organisieren.

Centrum Sztuki Współczesnej Zamek Ujazdowski, fot. Filip Kwiatkowski

Nehmen Sie die Fußgängerüberführung über die Trasa Łazienkowska, und Sie erreichen das Schloss Ujazdowski. In diesem Areal befand sich seit dem 12. Jahrhundert die Burg Jazdów, welche über die nahe gelegene Furt über die Weichsel wachte. Die Burg wurde während der Litauischen Invasion im Jahr 1262 und während der Bruderkriege im Jahr 1281 zerstört. Folglich wurde sie weiter flussabwärts verlegt, an die Stelle der heutigen Altstadt. Man könnte also sagen, dass die Burg von Jazdów den Beginn der Existenz von Warschau darstellt. Schloss Ujazdowski wurde 1624 an der Stelle eines hölzernen Herrenhauses errichtet. Während des Warschauer Aufstands erlag es den Flammen und wurde nach dem Krieg dem Erdboden gleichgemacht. In den 1970er Jahren wurde es wieder aufgebaut und beherbergt seit 1985 das Zentrum für Zeitgenössische Kunst.

Agrykola, fot. Piotr Wierzbowski

Was Sie unbedingt tun sollten ist, direkt über dem Warschauer Steilhang auf der Terrasse des Schlosses zu stehen. Von dort können Sie den Agrykola-Park mit dem Piaseczyński-Kanal sehen, der Mitte des 18. Jh. angelegt wurde und zum Stadion von Legia Warszawa führt, das in der Ferne zu sehen ist. Dann biegen Sie rechts in die malerische, von Gaslaternen beleuchtete ul. Agrykola-Straße ein, die zum Weichseltal hinunterführt.

Der Łazienki-Park und Umgebung

Łazienki Królewskie, fot. Filip Kwiatkowski

Da, wo die Agrykola-Straße aufhört, bergab zu führen, befindet sich auf der rechten Seite einer der Eingänge zu Warschaus schönstem Park, dem Łazienki-Park (Park der Bäder). Wir empfehlen Ihnen allerdings, noch ein Stückchen weiter zu gehen, nämlich zur Brücke über den Łazienki-Teich, in der Nähe des Denkmals von Jan III. Sobieski. Von hier aus hat man nämlich einen herrlichen Blick auf den auf einer künstlichen Insel angelegten Palast. Gleich hinter dem Teich befindet sich ein weiterer Eingang zum Park, von dem aus eine Allee direkt in das Zentrum des Lazienki-Parks führt.

Pomnik Fryderyka Chopina w Łazienkach Królewskich, fot. Filip Kwiatkowski

Der Park ist ein Schloss- und Gartenkomplex, der im 18. Jh. von Stanislaus August Poniatowski, dem letzten König Polens, auf dem Gelände des ehemaligen Lubomirski-Jagdgrundes angelegt wurde. Es war die Sommerresidenz des Königs, der hier die warmen Monate verbrachte. Die meisten der historischen Gebäude befinden sich in der Nähe des Lazienki-Teichs, der die Achse des Parks markiert. Darüber hinaus wurden hier bezaubernde Gärten angelegt, darunter der Königliche, der Romantische, der Modernistische und der Niederländische Garten. Der Lazienki-Park lädt zu stundenlangen Spaziergängen ein, bei denen man weitere Denkmäler und die gewaltige Natur entdecken kann, die hier seit Jahrhunderten gewachsen ist. Im Sommer finden Sonntagskonzerte unter freiem Himmel statt, direkt neben dem Frederic-Chopin-Denkmal. Um 12.00 und 16.00 Uhr erklingen die größten Werke Chopins, die von Künstlern aus der ganzen Welt dargeboten werden.

Ogród Botaniczny Uniwersytetu Warszawskiego, fot. Filip Kwiatkowski

Von der Aleje Ujazdowskie und der ul. Belwederska aus kann man den Botanischen Garten der Warschauer Universität und das Belvedere erreichen, die beide an den Lazienki-Park angrenzen. Wenn Sie nach einem langen Spaziergang im Lazienki-Park noch etwas Energie übrig haben, dann sollten Sie es beide ansehen. Der 1818 gegründete Botanische Garten ist im Frühling oder Sommer besonders zu empfehlen, da zu dieser Zeit die lokalen Pflanzensammlungen besonders schön anzusehen sind.

Belweder, fot. Tomasz Nowak

Das Schloss Belvedere ist ein historisches Gebäude, dessen Geschichte bis in die Mitte des 16. Jh. zurückreicht. Der Name leitet sich wahrscheinlich vom italienischen „bel vedere“ ab, was so viel wie „schöne Aussicht“ bedeutet. Der Palast hat im Laufe der Jahrhunderte mehrfach den Besitzer gewechselt und ist seit 2010 Sitz des Präsidenten der Republik Polen. Wenn Sie die Innenräume der Residenz sehen möchten, müssen Sie sich an eines der Touristenbüros wenden. Die Führungen finden jeden letzten Samstag im Monat um 10 Uhr statt. Im Inneren können Sie eine Józef Piłsudski gewidmete Ausstellung, den Geschichtssaal des Ordens der Virtutti Militari, die Kapelle des Belvedere, das ehemalige Büro von Marschall Piłsudski und ausgewählte historische Räume besichtigen.

Solec und Czerniaków

Powiśle, fot. Warszawska Organizacja Turystyczna

Der auf der Anhöhe gelegene Teil von Śródmieście war ein wohlhabender und großstädtischer Bezirk, doch dort, wo durch die Nähe der Weichsel die Gefahr von jährlichen Überschwemmungen bestand, sah die Stadt vollkommen anders aus. Die Gegend war ärmlich und von Industrie geprägt, mit einer Vielzahl von Holzhäusern. Gefährlich war es hier überdies. Eines der heruntergekommensten Warschauer Viertel der Vorkriegszeit war Czerniaków, von dem ein Teil das historische Solec ist. Der Name des Viertels ist mit dem Handel von Salz verbunden, das per Schiff aus Südpolen hierher geliefert wurde. Salz war zu jener Zeit, als es noch keine Kühlschränke gab, eine der nur wenigen Möglichkeiten, Lebensmittel zu konservieren. Und an Lebensmitteln bestand in Warschau immer Bedarf. Das große Hochwasser von 1813 gab den Anstoß zur besseren Befestigung der Flussufer und zum Bau von Deichen. Von da an wurde das bereits relativ geschützte Viertel zu einem Industriegebiet.
Während des Warschauer Aufstands im September 1944 kam es zu schweren Kämpfen in diesem Bezirk, da er die letzte Verbindung zwischen dem aufständischen Warschau und der Weichsel darstellte, über die man vergeblich auf die Hilfe von der Roten Armee erwartete. Die Kriegsschäden waren in Czerniaków – zwischen den Aleje Jerozolimskie der Łazienkowska-Route – so groß, dass von den ursprünglichen Gebäuden kaum etwas erhalten blieb, so dass später ein Teil des Viertels in einen Park umgewandelt wurde. Eines der wenigen Überbleibsel des ehemaligen Solec ist das Salzlagergebäude in der ul. Solec 63.

Muzeum Ziemi, fot. Filip Kwiatkowski

Rund einen Kilometer entfernt befindet sich das Museum der Erde, in dem die größte Sammlung von Mineralien, Gesteinen, Bernstein und Meteoriten Polens zu sehen ist. Die zum Museum gehörende Pniewski-Villa war Schauplatz von Kämpfen während des Warschauer Aufstands. Wenn Sie die Treppe zum unteren Stockwerk dieses Gebäudes hinuntergehen, finden Sie eine Marmortreppe, die mit dem Blut der Aufständischen getränkt ist.

In der ul. Solec 24 befindet sich noch ein weiteres interessantes Museum: das Asien- und Pazifik-Museum. Ausgestellt sind hier Exponate, die aus vielen exotischen Ländern hierher mitgebracht wurden.

Der Hafen Czerniaków

Port Czerniakowski, fot. Filip Kwiatkowski

Wir schlagen vor, unseren Spaziergang durch die Gegend an einem ruhigen, grünen und sehr interessanten Ort zu beenden, wie dem Hafen Czerniaków. Er entstand 1904 an der Stelle des ehemaligen Flussbettes der Weichsel und diente als Winterquartier für Dampfschiffe, die sich hier vor den Überschwemmungen der Weichsel schützten. Ferner gab es hier Schiffsreparaturwerkstätten, deren Überreste die Rampen sind, auf denen die Schiffe zu Wasser gelassen wurden. Der Schiffbau wurde hier in den 1960er Jahren eingestellt.
Nachdem der Hafen eine Zeit lang in Vergessenheit geraten war, wurde er kürzlich wieder zum Leben erweckt. Hier liegen zahlreiche Boote (darunter Holzschoner), Motorboote, ein Hausboot und ein Restaurantkahn sowie im Winter eine schwimmende Sauna. In den umliegenden Grünanlagen sind mehrere Sportvereine angesiedelt, darunter Beachvolleyball. In der Sommersaison können Sie von der nahe gelegenen Czerniakowski-Landzunge aus eine Fahrt mit einem Flachbodenboot, einem Motorboot oder einem gläsernen iBarke unternehmen. Wenn Sie die Uferpromenade in Richtung Poniatowski-Brücke fortsetzen, stoßen Sie auf eine Reihe von jahreszeitlich geöffneten Bars und Clubs. Machen Sie bei einem von ihnen Halt und verbringen Sie einen angenehmen Abend.

Mehr:
Panorama Warszawy, fot. Filip Kwiatkowski
Bulwary wiślane, fot. Filip Kwiatkowski
Elektrownia Powiśle, fot. Iwona Gmyrek
Taras widokowy w Pałacu Kultury i Nauki, fot. Piotr Wierzbowski
X